Zur Navigation springen Zum Inhalt springen

Gemeindetag, Städtebund, Städtetag und Landkreistag erwarten eine zügige Umsetzung der FAG-Reform und die Bereitstellung zusätzlicher Mittel für die kommunale Aufgabenwahrnehmung

„Wir erwarten von der Landesregierung nicht nur eine zügige und einvernehmliche Umsetzung der Urteile des Landesverfassungsgerichts gemeinsam mit den Kommunalen Landesverbänden, sondern auch das klare Bekenntnis des Landes zu einer verbesserten finanziellen Ausstattung der schleswig-holsteinischen Kommunen.“ – so kommentiert der Vorsitzende des Schleswig-Holsteinischen Landkreistages, Reinhard Sager, Landrat des Kreises Ostholstein, den Auftritt von Staatssekretärin Söller-Winkler vor dem Innen- und Rechtsausschuss des Landtages.

Das Gericht habe nämlich geurteilt, dass der Verzicht auf die Darstellung des Bedarfs für Landesaufgaben und auf einen Vergleich der Finanzentwicklung von Land und Kommunen umso erheblicher sei, als in der Gesetzesbegründung selbst Indizien benannt werden, „die eine stetige Verschlechterung der kommunalen Situation zumindest nahe legen und zwar bei einem sich seit 2010 stetig verbessernden Finanzierungssaldo des Landes“.

Daher sei eine verbesserte Finanzausstattung als Ergebnis der Reform zwingend, ergänzt der Vorsitzende des Schleswig-Holsteinischen Gemeindetages, Thomas Schreitmüller, Bürgermeister der Gemeinde Barsbüttel„Angesichts eines Haushaltsüberschusses beim Land von rund 565 Mio. Euro und der vom Gericht mehrfach betonten Gleichrangigkeit und Gleichwertigkeit der Aufgaben von Kommunen und Land muss die kommunale Finanzausstattung verbessert werden“.

Die Kommunalen Landesverbände sind sich in ihrer Bewertung der Urteile zum kommunalen Finanzausgleich einig: Die Aufgaben von Land und Kommunen seien zwar gleichrangig, die Verwaltung werde aber für die Bürgerinnen und Bürger insbesondere auf der kommunalen Ebene unmittelbar erleb- und spürbar. Daher käme eine gute Finanzausstattung der Kommunen Allen zugute. Nur so werden die Kommunen in die Lage versetzt, ihren Beitrag zur Erhaltung der hohen Lebensqualität – die immer wieder von der Landesregierung als Markenzeichen Schleswig-Holsteins hervorgehoben wird – zu leisten. Dies betreffe vor allem die Bereitstellung von Infrastruktur und Daseinsvorsorge.

Der Vorsitzende des Städtetags, Bernd Saxe, Bürgermeister der Hansestadt Lübeck, fügt hinzu: „Schleswig-Holstein zeichnet sich durch das Neben- und Miteinander von Stadt und Land aus. Daher eint die Kommunen des Landes auch die Forderung nach einer auskömmlichen finanziellen Ausstattung. Die Aufgaben sind zwar verschieden – alle Kommunen haben einen Anspruch auf bedarfsorientierte und aufgabengerechte Finanzierung.“

Vor dem Hintergrund der FAG-Urteile werden die Kommunalen Landesverbände in ihren Forderungen und Erwartungen an den neu gewählten Landtag und die neu gewählte Landesregierung einen klaren Schwerpunkt auf die kommunale Finanzausstattung legen. Im Interesse der finanziellen Situation vieler Kommunen und vor dem Hintergrund steigender Ausgaben, z. B. im sozialen Bereich, müsse der Reformprozess von einer neu gewählten Landesregierung mit höchster Priorität verfolgt werden. Der Vorsitzende des Städtebundes, Hans-Joachim Grote, Oberbürgermeister der Stadt Norderstedt: „Dem Land steht es frei, seine Hausaufgaben auch schneller zu machen, als vom Gericht festgesetzt. Die Kommunalen Landesverbände stehen bereit, das nun erforderliche Verfahren zur Ermittlung und zur Gegenüberstellung von Landes- und Kommunalaufgaben zeitnah anzugehen“.

Zum Hintergrund:

Das FAG bildet die einfachgesetzliche Umsetzung der in der Landesverfassung garantierten finanziellen Ausstattung der Kommunen. Es soll eine aufgabengerechte und auskömmliche Finanzausstattung gewährleisten und sicherstellen, dass den Kommunen Freiraum für freiwillige Selbstverwaltungsaufgaben verbleibt. Mit der grundlegenden Reform im Jahr 2014 wurde die Finanzausgleichsmasse – der den insgesamt den Kommunen zur Verfügung stehende Betrag – neu definiert und in vielen Detailregelungen eine Verteilung nach Kommunalgruppen und auf jede einzelne Gebietskörperschaft vorgenommen.

Die Kreise Ostholstein, Nordfriesland und Schleswig-Flensburg haben das FAG 2014 im Wege der kommunalen Verfassungsbeschwerde angegriffen. Gerügt wurden sowohl ein fehlerhafter vertikaler Finanzausgleich – also zwischen Land und den Kommunen des Landes – sowie eine Fehlgewichtigung im horizontalen Verhältnis, also zwischen den Kommunalgruppen. Das FAG wurde parallel im Verfahren der abstrakten Normenkontrolle von den Oppositionsfraktionen im Schleswig-Holsteinischen Landtag angegriffen. Aufgrund dieses Antrags hat das Landesverfassungsgericht – trotz teilweiser Unzulässigkeit der kommunalen Verfassungsbeschwerden – mit seinen Urteilen vom 27. Januar 2017 vollständig zur Sache entscheiden.

Das Gericht hat u. a. festgestellt, dass der Landesverfassung für die vertikale Dimension (Bildung der Finanzausgleichsmasse) ein Gebot der Verteilungssymmetrie zwischen der Landesebene und der kommunalen Ebene zu entnehmen sei. Dabei seien Landes- und Kommunalaufgaben grundsätzlich als gleichwertig zu betrachten. Es gebe einen weiten Einschätzungsspielraum (hinsichtlich des Ergebnisses); überprüfbar sei aber vor allem das Gesetzgebungsverfahren. Das Symmetriegebot fordere einen substantiellen Ebenenvergleich: Dieser erfordert die Analyse, Bewertung und Gewichtung der Finanzkraft von Kommunen und Land, des Finanzbedarfs von Kommunen und Land und der sich aus der ggf. bestehenden Differenz ergebenden Finanzentwicklung der kommunalen Ebene und der Landesebene.

Laut Landesverfassungsgericht habe es der Gesetzgeber unterlassen, Aussagen zur Aufgabenbelastung und/oder zum Finanzbedarf des Landes vorzunehme. Damit sei ein Ebenenvergleich per se unmöglich. Auch Aussagen zur Finanzentwicklung auf Seiten des Landes fehlten vollständig. „Dies ist umso erheblicher, als in der Gesetzesbegründung selbst Indizien benannt werden, die eine stetige Verschlechterung der kommunalen Situation zumindest nahe legen und zwar bei einem sich seit 2010 stetig verbessernden Finanzierungssaldo des Landes“ (4/15, Rn. 137).

Verantwortlich:

Dr. Sönke E. Schulz
Geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Schleswig-Holsteinischen Landkreistages

Jochen von Allwörden
Geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Städeverbands Schleswig-Holstein

Jörg Bülow
Geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Schleswig-Holsteinischen Gemeindetages