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Gemeinsame Pressemitteilung der Arbeitsgemeinschaft der Kommunalen Landesverbände: Kinderbetreuung für unter Dreijährige: Gutachten hält Land für zuständig - Anspruch der Kommunen auf Kostenerstattung - das Konnexitätsprinzip greift

"Das Gutachten von Professor Dr. Joachim Wieland zeigt erhebliche Regelungslücken in Schleswig-Holstein auf. Es gibt Handlungsbedarf für die Landespolitik. Die Kommunen erwarten nun Antworten der Landespolitik darauf, wie der Ausbau der Kinderbetreuung verfassungsrechtlich einwandfrei geregelt und finanziert werden soll", sagte Jörg Bülow, Landesgeschäftsführer des Schleswig-Holsteinischen Gemeindetages heute anlässlich der Veröffentlichung eines Rechtsgutachtens im Auftrag der Kommunalen Landesverbände.

Bürgermeister Bernd Saxe erläuterte als Vorsitzender des Städteverbandes Schleswig-Holstein: "Die Kommunen werden nun bis zum Herbst prüfen und dann entscheiden, welche Konsequenzen sie aus dem Gutachten ziehen. Dabei stellt sich die Frage nach einem Ausgleich der seit 2009 entstandenen Kosten ebenso, wie die Notwendigkeit einer klaren Zuständigkeitszuordnung durch den Gesetzgeber. Bund und Land müssen auf die Finanzierung der Kinderbetreuung eine ehrliche Antwort geben. Daher wird für unsere Entscheidung die Antwort der Landesregierung auf das Gutachten große Bedeutung haben".

Landrat Reinhard Sager (Vorsitzender des Schleswig-Holsteinischen Landkreistages) ergänzte: "Das Gutachten verdeutlicht, dass Bund und Land seit der Föderalismusreform von 2006 den Kommunen keine neuen Aufgaben mehr zuweisen können, ohne deren Finanzierung zu regeln. Dieses Prinzip muss auch in Schleswig-Holstein gelten. Es geht um die von der Politik geweckten Erwartungen und Ansprüche der Eltern und Kinder. Diese allerdings durch die Kommunen bezahlen zu lassen, ist nicht in Ordnung".

Die Kommunalen Landesverbände hatten den renommierten Finanzverfassungsrechtler Professor Dr. Joachim Wieland mit einem Gutachten zu der Frage beauftragt, ob den Kommunen für die Mehrkosten des Ausbaus der Kinderbetreuung für unter Dreijährige ein Anspruch auf Kostenausgleich nach dem Konnexitätsprinzip in Artikel 49 Abs. 2 der Landesverfassung zusteht. Der Verfassungsgerichtshof in Nordrhein-Westfalen hatte den dortigen Kommunen einen entsprechenden Anspruch zugesprochen.

Das Gutachten kommt im Wesentlichen zu dem Ergebnis, dass aufgrund einer Regelungslücke in Schleswig-Holstein nicht die Kommunen, sondern das Land dafür zuständig ist, die Rechtsansprüche der Eltern auf Kinderbetreuung für unter Dreijährige zu erfüllen. Das Land sei außerdem verpflichtet, den Kommunen die seit 2009 für die Finanzierung der Kinderbetreuung entstandenen Kosten zu erstatten. Das Land könne jederzeit durch eine Gesetzesänderung die Zuständigkeit der Kommunen regeln. Es müsste dann jedoch aufgrund Artikel 49 Abs. 2 der Landesverfassung (Konnexitätsprinzip) die Finanzierung dieser Aufgabe regeln.

Prof. Dr. Joachim Wieland LL M. ist Inhaber des Lehrstuhls für Öffentliches Recht, Finanz- und Steuerrecht an der Deutschen Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer und Mitglied des Verfassungsgerichtshofes für das Land Nordrhein-Westfalen. Er war u. a. 2003/2004 sachverständiges Mitglied der Föderalismuskommission, als deren Ergebnis das in diesem Zusammenhang bedeutende Verbot für den Bundesgesetzgeber in das Grundgesetz aufgenommen wurde, den Kommunen direkt Aufgaben zuzuweisen. Als Folge können nur noch die Landesparlamente Aufgabenzuweisungen an die Kommunen vornehmen. In diesen Fällen gilt jedoch das Konnexitätsprinzip gemäß Artikel 49 Abs. 2 der Landesverfassung.