Die Investitionsförderung muss umgehend weitergehen!
Die Kommunalen Landesverbände warnen vor einem Scheitern des Rechtsanspruchs auf Ganztag. „Die Kommunen haben in den letzten Jahren alle Anstrengungen unternommen, um den Anspruch ab Mitte 2026 mit Leben zu füllen. Vielfach kann dabei auf jahrelanges freiwilliges Engagement der Schulträger vor Ort aufgebaut werden. Die Erwartungshaltung der Eltern ist nun aber ein flächendeckendes Angebot, das dem vom Bundesgesetzgeber mit Zustimmung aller Bundesländer beschlossenen Rechtsanspruch entspricht.“, erläutern die Geschäftsführer der Kommunalen Landesverbände Schulz, Bülow und Ziertmann die Ausgangslage. „Diesen Rechtsanspruch haben nicht die Kommunen beschlossen und das Land Schleswig-Holstein hat bis heute die Kommunen nicht dazu verpflichtet, diese Aufgabe zu erfüllen. Daher ist das Land in der Pflicht, den erforderlichen Ausbau zu finanzieren und sich angemessen an den Betriebskosten zu beteiligen“.
Hierzu gebe es eine Vereinbarung mit der Landesregierung, nach der sich das Land an den erforderlichen Investitionen mit 85 Prozent, an den laufenden Kosten des Betriebs mit 75 Prozent beteiligt. „Wenn nun viele Schulträger keine Förderung für dringend notwendige Baumaßnahmen erhalten, wird dies den Aufbau der erforderlichen Plätze in einigen Landesteilen massiv gefährden und die Eltern werden vom Land im Stich gelassen“, kommentiert Jörg Bülow, Geschäftsführer des Gemeindetages, die Folgen des faktischen Bewilligungstopps. Marc Ziertmann, Geschäftsführer des Städteverbandes, ergänzt: „Da es sich um eine freiwillige Aufgabe der Schulträger handelt, sind die Städte und Gemeinden schon aufgrund der aktuellen Haushaltslage nicht in der Lage, die Finanzierungslücke aus eigenen Mitteln zu schließen.“
Die Kreise, die kreisfreien Städte sowie die Stadt Norderstedt sind – auch wenn das Land immer etwas anderes behauptet – als örtliche Träger der Jugendhilfe ebenfalls nicht verpflichtet, den Rechtsanspruch zu erfüllen. „Es fehlt an einer landesgesetzlichen Aufgabenübertragung an die Kreise. Diese wäre dann mit der Pflicht zum Mehrbelastungsausgleich verbunden. Sollte das Land weiter auf der einen Seite von einer Verpflichtung der Kreise ausgehen, auf der anderen Seite diesen aber kein Instrument geben, den Rechtsanspruch zu verwirklichen, werden wir noch vor der Sommerpause das Landesverfassungsgericht anrufen.“, kündigt PD Dr. Sönke E. Schulz, Geschäftsführer des Landkreistages, an. Dies werde gemeinsam mit den Schulträgern erfolgen, um auch hier feststellen zu lassen, dass es an einer gesetzlichen Verpflichtung der Schulträger fehlt und das Land endlich durch Gesetz verlässliche Rahmenbedingungen für den Ganztag schaffen muss.
Abschließend appellieren die Geschäftsführer an die Landesregierung: „Soweit muss es nicht kommen. Es gibt eine gute Vereinbarung, die aus kommunaler Sicht die kommunalen Mehrbelastungen hinreichend abdeckt. Die Vereinbarung muss aber auch eingehalten werden – ein Förderstopp bei den Investitionen stellt den Ausbau insgesamt infrage.“ Es fehle auf der kommunalen Seite das Verständnis für die Zurückhaltung der Landesregierung, die so gar nicht zu Verlautbarungen an anderer Stelle passen will. „Überall wird betont, dass mit dem Sondervermögen des Bundes für Investitionen nun der ‚Turbo‘ für die Verbesserung der Infrastruktur gezündet wird: Angesichts der Aussicht des Landes auf zusätzliche Milliarden vom Bund und neue Möglichkeiten zur Verschuldung sollte es möglich sein, kurzfristig die Förderung wieder aufzunehmen und erst in einem zweiten Schritt zu überlegen, aus welchem ‚Topf‘ die Mittel genommen werden. Dies erwarten die Schulträger, aber auch die Eltern.“, so Schulz, Bülow und Ziertmann abschließend.
Zum Hintergrund:
Durch das Ganztagsförderungsgesetz (GaFöG) wird § 24 SGB VIII zum 01.08.2026 um einen neuen Absatz 4 ergänzt. Danach haben zunächst Erstklässlerinnen und Erstklässler und dann aufwachsend alle Grundschulkinder einen Anspruch auf Ganztagsbetreuung von acht Stunden an Werktagen inkl. des Schulunterrichts.
Der Bundesgesetzgeber hat den Anspruch in § 24 SGB VIII verankert, weil er für das Schulwesen keine Gesetzgebungskompetenz besitzt. Mit der Regelung geht insofern einher, dass der Ganztagsbetreuungsanspruch grundsätzlich ein jugendhilferechtliches Angebot darstellt. Die Landesregierung meint daher, dass die örtlichen Träger der Jugendhilfe – also die Kreise und kreisfreien Städte sowie die Große kreisangehörige Stadt Norderstedt – zur Umsetzung des Anspruchs verpflichtet seien. Faktisch umgesetzt werden soll der Anspruch gleichwohl allein durch die Grundschulträger, die auch (mit wenigen Ausnahmen) allein von den bereitgestellten Investitionsmitteln und der späteren Betriebskostenförderung profitieren können. Einrichtung und Betrieb von Ganztagsschulen stellt nach geltendem Recht für die Träger der Grundschulen und Förderzentren aber eine freiwillige Aufgabe dar (§ 6 SchulG), die gar nicht erst wahrgenommen werden muss oder auch jederzeit beendet werden kann. Wenn und soweit – und dies ist aktuell insb. aufgrund des faktischen Bewilligungsstopps dringend zu besorgen – Schulträger mangels zur Verfügung stehender Mittel den freiwilligen Ausbau und Betrieb der Ganztagsschulen nicht vorantreiben, entsteht für die örtlichen Träger der Jugendhilfe eine nicht hinnehmbare Situation: Sie wären nach der Auffassung des Landes verpflichtet, den Anspruch umzusetzen, können aber weder Fördermittel beantragen noch auf die fördermittelberechtigten Schulträger derart einwirken, dass diese den Anspruch umsetzen. Daher bedarf es einer verfassungsgerichtlichen Klärung.
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